Dieser Artikel ist am 21.08.2007 im “Gränzbote Tuttlingen” in der Serie “Sagenhaft” erschienen.
Im Duttental liegt die Quelle der Stadt TUTTLINGEN - Das Kreisgebiet ist ein Sagenland. Die vielen Wälder, Burgen und Täler scheinen wie geschaffen für schaurig-schöne Geschichten an geheimnisvollen Plätzen. In unserer Serie "Sagenhaft!" stellen wir einige von ihnen vor und lassen Menschen von ihren Erlebnissen berichten. Die Sage von der Duttfee scheint beinahe vergessen
Von unserer Redakteurin Yvonne Tenhonsel
Der Weg führt mitten durch das Café. Hinter die Theke, durch die Küche, an Abstellräumen vorbei, hinunter in den Keller. Gundula Taschner wartet, bis das Holz an der Wand zur Seite geschoben ist, dann blickt sie ehrfurchtsvoll in die Tiefe. Es ist nicht das erste Mal, dass die Betreiber des "Café Martin" im Zentrum Tuttlingens ihr den Gang in die hintersten Ecken ihres Hauses gestatten - und doch ist die technische Zeichnerin, nach anfänglicher Enttäuschung, immer wieder fasziniert. Denn hinter dem Loch in der Kellerwand des Cafés verbirgt sich mehr als der Schacht eines Brunnens, der vor dem Stadtbrand 1803 dort, auf dem früheren Marktplatz, gestanden hat. Für Gundula Taschner beginnt dort die sagenhafte Geschichte Tuttlingens: die Geschichte der Duttfee.
Der Sage nach hauste die Zauberfrau im Duttental bei der gleichnamigen Quelle, deren Wasser jahrhundertelang durch hölzerne Röhre in die Stadt zum Marktbrunnen geleitet wurde. "Es ist sehr wahrscheinlich", schreibt Karlheinz Müller vom Heimatmuseum anlässlich des Wettbewerbs um den neuen Marktbrunnen 1985, "dass die Duttfee ein vorchristliches Wesen darstellt." Ihre steinerne Gestalt, mit starken Brüsten und grobem Gesicht zu zwei Seiten hin, soll vor dem Stadtbrand den damaligen Marktbrunnen geziert haben. So steht es in verschiedenen Aufzeichnungen, auch im Ratsprotokoll von 1827, das von der Duttfee als "Wahrzeichen des Ursprungs der Stadt" spricht.
Quelle verspricht Schönheit
Und so hat es auch Ursula Kaufmann gehört, die sich von der Quelle im Duttental, an der die Steinfigur der Sage nach später gefunden wurde, in ganz besonderer Weise angezogen fühlte: Wer an Ostern bis zum Sonnenaufgang nicht spricht, zum Brunnen geht, sich dort wäscht und etwas Trinkwasser abfüllt, wird schön und bleibt gesund. Die Tuttlingerin glaubte nicht wirklich an die Sage vom Osterwasser - und machte sich dennoch als 14-Jährige mit Freundinnen eines Morgens auf den einstündigen Fußweg ins Duttental, um an diesem sagenumwobenen Ort die erzielte Wirkung zu finden. "Es war spannend", erzählt sie heute lachend, "so ein Brauchtum wieder aufleben zu lassen." Das "Duttental" und die "Duttfee" könnten übrigens Namensgeber der Stadt sein - tatsächlich wurde Tuttlingen lange Zeit hindurch "Duttlingen" geschrieben. Gebräuchlich ist heute jedoch die Ableitung vom allemannischen Namen "Tutilo", der möglicherweise dem ersten Dorfherrn gehört hat. Beides ist nicht belegt. Nach dem Stadtbrand nun wollte die Bevölkerung die Steinfigur der Duttfee wieder auf dem erneuerten Marktbrunnen sehen - doch das Königliche Oberamt verbot die Wiederaufstellung des "anstößigen" Kunstwerks. Den gusseisernen Marktbrunnen von 1827 ersetzte man 1873 schließlich durch zwei Brunnen, beim Rathaus und beim Gasthaus "Ochsen", und versah sie mit je einer gusseisernen Quellnymphe - in bewusster Anspielung an die Sagengestalt, deren Spur sich nach 1827 völlig verliert. Die Tuttlingerin Gundula Taschner hat sich auf die Suche begeben und ist bei ihren Recherchen eben auch auf jenen Brunnenschacht im Café Walter gestoßen. "Frauenbiografien, Märchen und Spiritualität haben mich schon immer interessiert", erzählt sie. "Man entdeckt unheimlich viel Spannendes und taucht immer tiefer in die Hintergründe ein." Die Geschichte der Duttfee, die sie zum ersten Mal in der Schule hörte und zu der sie im Internet unter www.dieduttfee.de inzwischen eine eigene Homepage erstellt hat, hat ihr ein Stück Heimatgefühl gegeben: "Ich wollte immer weg aus Tuttlingen - aber durch die Entdeckung der Duttfee habe ich hier ein neues Zuhause gefunden."
Gundula Taschner hat im Café Martin den Schacht des alten Marktbrunnens entdeckt. Bis zum Stadtbrand 1803 zierte diesen die steinerne Frauengestalt der Duttfee. Nach 1827 wird sie nie wieder erwähnt.
styletyp0 Die Duttfee --------------------------------
(c) 2007 Schwäbische Zeitung
(Im Artikel haben sich zwei Fehler eingeschlichen : einmal ist das Café falsch benannt , der Brunnen befindet sich in den Kellern von Café Martin. Die Internetadresse lautet http://www.diedutt.de nicht ...duttfee.de ) l
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